Am letzten Wochenende fanden die Deutschen Rad-Meisterschaften im Einzelzeitfahren und Straßenrennen in Öschelbronn bzw. Filderstadt/Stuttgart-Degerloch statt.
Mit dabei unsere drei Harburger RG Fahrer Lucas Carstensen aus Marmstorf sowie Philipp und Moritz Plambeck aus Langenbek.
Diese Meisterschaften offenbarten das riesige Dilemma, welches gerade im Deutschen Sport herrscht. Denn wie bei König Fußball finden auch im Radsport ausschließlich Profiveranstaltungen der höchsten Ebene, aber ausschließlich im Ausland, statt. In diesem Falle fand sich eine Stuttgarter Veranstaltungsagentur, die die mit hohen Auflagen versehene Veranstaltung überhaupt erst umsetzen konnte. Ihnen gebührt großer Dank. Mit dem Ergebnis aber, dass keine Zuschauer diesem tollen Ereignis beiwohnen durften. Und ab und an litt auch teilweise der sportliche Ablauf darunter. Von allem unbeeindruckt, lieferten sich unsere drei HRG’ler packende Kämpfe mit ihren Konkurrenten.
Samstag ging es bei der DM im Einzelzeitfahren über 30,5 km. Die Strecke rund um Gäufelden-Öschelbronn am Rande des Schwarzwaldes war mit knapp 400 Höhenmetern und vielen engen Kurven und Feldwegpassagen äußerst sportlich und technisch anspruchsvoll. Und Temperaturen von über 30 ° Grad taten ihr übriges. Während der 23-jährige Philipp vom “Racing Team Harburg” mit der Schwere des Parcours haderte und gar nicht so richtig auf Tempo kam, flutschte es bei Moritz. Der 19-jährige Fahrer vom Kölner Profiteam “Team Dauner AKKON” kam hervorragend mit den vielen schnellen und engen Kurven zurecht. Mit einer Fahrzeit von 41:28 Minuten konnte sich Moritz als 22. behaupten. Philipp belegte den 60. Rang in einer Zeit von 45:08 Minuten.
Der Sieger Tony Martin vom Team “Jumbo Visma” benötigte lediglich 36:25 Minuten. Dieser krasse Zeitunterschied offenbart die aktuelle Situation ganz genau. Martin ist Fahrer der Worldtour. Er startet ab kommenden Samstag bei der Tour de France und Ende Juli wird er nach Tokio zu Olympia fahren. Die DM war damit bereits sein 40. Radrennen in diesem Jahr. In Deutschland fanden aber bis auf 2 Radrennen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen keine weiteren Wettbewerbe statt. Moritz hatte das Glück, dass er zu Rennen nach Rhodos/Griechenland und Dänemark eingeladen wurde, Philipp startete lediglich bei drei Rennen in Dänemark.
Am Sonntag gingen 230 Sportler an den Start des 178 km langen Straßenrennens, welches auf einer 7,8 km langen Runde über weit mehr als 3000 Höhenmeter ging. Moritz, der noch richtig angeschlagen von seinem Parforceritt am Samstag war, hielt lediglich 8 Runden mit und fiel dann aussichtslos zurück. Super Beine dagegen hatte der 27-jährige Lucas Carstensen vom saarländischen “Team Bike Aid”. Vorbereitet durch Etappenfahrten in Jugoslawien und Frankreich konnte er sich lange im Dunstkreis bei den Fahrern des Deutschen Worldtour-Teams “Bora HansGrohe” halten, die bereits in der ersten Rennstunde alles daran setzten, die besten Halbprofis abzuhängen. Schließlich ging es bei ihnen auch noch darum, sich für die Tour de France in 7 Tagen zu empfehlen. Um überhaupt mitzukommen, musste die jeweils 3 km lange Steigung mit etwa 600 Watt getreten werden (Anmerkung: Ein Pedelec/E‑Bike schafft gerade 250 Watt). Sieger des Rennens und neuer Deutscher Meister wurde der 27-jährige Berliner Max Schachmann vom Team Bora HansGrohe. Er bereitet sich jetzt ebenfalls auf Olympia vor. Lucas Carstensen belegte einen hervorragenden 24. Platz von lediglich 48 durchgefahrenen Sportlern.
Frank Plambeck